In einer Gesprächsrunde am 7. Februar wurde sehr interessant diskutiert, welche Ausrichtung Coaching im Unternehmen haben sollte. Ist es ein klassisches PE-Instrument oder eine Möglichkeit zur ganz persönlichen individuellen Reflexion?
Unternehmen investieren in der Regel beträchtliche Budgets in die Aus- und Weiterbildung der Führungskräfte und Mitarbeiter. Neben Schulungen, eLearning oder Workshops ist Coaching besonders in der Führungskräfteentwicklung ein beliebtes Tool. Investiert eine Firma jedoch in Personalentwicklung, erwartet sie Ergebnisse: bessere Performance, motiviertere Mitarbeiter, innovative Ideen oder Ansätze zur Konfliktlösung.
Im Coaching bedeutet dies eine klare Zielvereinbarung im Vorfeld: Warum wird gecoacht? Welche Herausforderungen sollen bearbeitet werden? Welches Ergebnis soll damit erreicht werden? Nur wenn klare Ziele gesetzt werden, kann im Unternehmen auch verfolgt und nachgehalten werden, ob diese durch das Coaching erreicht werden konnten, sich die Investition also gelohnt hat.
In der Praxis bedeutet dies, dass sich Coachee, dessen Führungskraft und der Coach vor der ersten Session zusammensetzen und genau diesen Rahmen abstecken. Die Führungskraft kann ihre Erwartungen formulieren und den Coaching-Gesprächen eine klare Richtung geben. Sie weiß genau, was besprochen wird und an welchen persönlichen Aspekten der Mitarbeiter arbeitet.
Vertrauensbasis im Coaching unerlässlich
Und genau da könnte ein wichtiger Knackpunkt dieses Ansatzes liegen. Denn Coaching – richtig gemacht – beschäftigt sich mit Persönlichkeitsmerkmalen, individuellen Verhaltensweisen, Einstellungen und persönlicher Motivation. Will ich tatsächlich, dass mein Chef erfährt, an welchen Baustellen ich arbeiten möchte? Denn diese persönlichen Handlungsfelder könnten leicht als Schwächen ausgelegt werden oder zu vorschnellen Rückschlüssen auf die Leistungsfähigkeit führen.
Vielleicht liegen die Problemfelder, die einen Mitarbeiter vor besondere Herausforderungen stellen, auch gar nicht unmittelbar im Arbeitsumfeld. Sie sind vielleicht ganz privat, beeinflussen die Person mittelbar aber auch im Geschäft. In einem solchen Fall möchte der Mitarbeiter diese Inhalte ggf. gar nicht mit dem Vorgesetzten teilen. Oder er hat Angst, dass das Coaching gecancelled wird, wenn der Chef nur die vermeintlich privaten Probleme sieht.
Und wie ist es eigentlich, wenn die Beziehung zum Vorgesetzten das Coaching-Thema ist? Dann sind die Information des Betreffenden oder sogar die Genehmigung, die durch diese Person erteilt werden muss, nicht nur nicht wünschenswert, sondern kontraproduktiv.
Denn im Coaching-Gespräch soll zwischen Coach und Teilnehmer eine vertrauensvollen Atmosphäre entstehen. Ist dies überhaupt möglich, wenn ein Dritter, der zudem noch über Gehalt und Karriere entscheidet, involviert ist?
Coaching ist zudem ergebnisoffen. Natürlich soll das Problem letztlich gelöst werden, aber wie die Lösung aussieht, wird erst im Gespräch erarbeitet. Diese Freiheit ist deutlich gefährdet, wenn das Coaching einer klaren Zielerwartung unterliegt. Denn dann hat der Coach vielleicht weniger den Coachee und dessen Bedürfnisse im Blick, als vielmehr das Ziel des Vorgesetzten und des Unternehmens.
Eine solche Zielverfolgungsabsicht sollte also gut abgewogen werden gegenüber den Anforderungen des PE-Tools Coaching. Erst wenn man diese Rahmenbedingungen akzeptiert und zum Beispiel absolute Vertraulichkeit ermöglicht, können mit Coaching auch tatsächlich exzellente Ergebnisse realisiert werden.