Um die Lernangebote im Unternehmen zu „digitalisieren“ ist es wichtig, die Lernangebote nicht über einen Kamm zu scheren.  Diesmal: Lernformate der Kategorie „Gewusst wie“!

Lernangebote sollten differenziert betrachtet werden. Denn je nach Lernziel oder Kompetenzziel sind unterschiedliche Methoden zu wählen. Hier werden drei wesentliche Formate und die dafür jeweils passenden Methoden zur Digitalisierung vorgestellt.

1. How-to Lernangebote

Ein großer und wichtiger Bereich in Unternehmen sind Anleitungen und Anweisungen. Sie können zusammengefasst werden unter der Rubrik „How-to“, also „wie mache ich etwas?“ Es geht darum, mühsame Lernerfahrungen abzukürzen. Während es bis zur Industrialisierung genügte, das jeweils durch Erfahrung angereicherte Wissen von einer Generation an die nächste weiter zu geben, stehen wir heute vor der Aufgabe, beruflich und privat fast täglich auf Neues zu reagieren. Gefordert ist Handlungskompetenz in komplexen Situationen – und diese Kompetenz basiert auf Wissen in unterschiedlichsten Kontexten, das wir uns immer wieder selbst aneignen müssen.
Aus diesem Grund haben sich „How-to“ oder „ich zeig´s dir“ – Seiten zu einer wesentlichen Kategorie im Internet entwickelt. Von der Reparatur des Staubsaugers über die richtige Zubereitung eines Böfflamot bis in die entferntesten Winkel des Spezialistentums finden Laien mehr oder minder anschauliche Hilfen zur Problemlösung und zum Nachmachen. On demand und sofort. Damit einher geht die Entwicklung der Selbstlernkompetenz. In dem Maße, wie Handwerkerrechnungen teurer werden und „Selbstmachen“ neue Konsumniveaus öffnet, steigt die Bereitschaft, sich freiwillig mit Problemlösungen auseinander zu setzen, die weit außerhalb des habitualisierten Alltagshandelns liegen. Was als Kostensenkungsstrategie privater Haushalte begann, entwickelt sich zu einem neuen Standard der gesamtgesellschaftlichen Problemlösungs- und Selbstlernkompetenz.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch innerhalb der Unternehmen. Die Treiber kommen aus zwei unterschiedlichen Richtungen. Zum einen sind es die Mitarbeiter selbst. Sie erwarten von „ihrem“ Unternehmen Wissensressourcen zur eigenständigen Problemlösung, wie sie es aus dem Consumer-Bereich gewohnt sind. Zum anderen gebietet es die unternehmerische ökonomische Vernunft, der eigenständigen Problemlösung den Vorrang vor institutionalisierten Trainingsangeboten zu geben. Damit stehen die Unternehmen vor der Herausforderung, on-demand Medien zur Beantwortung aller erdenklichen „How-to“ Fragen digital zu erstellen oder verfügbar zu machen. Folgende Formate bieten sich dafür an:

  • Selbstgedrehte Videos: es scheint naheliegend: per Video lässt sich am besten zeigen, wie etwas geht oder nicht geht. Tatsächlich lassen sich per Video Handgriffe und auch richtiges, situatives Verhalten gut vermitteln. Die filmische Qualität spielt hier eine untergeordnete Rolle, die inhaltliche Qualität allerdings muss stimmen. Und die wird von Praktikern und internen Fachexperten in der Regel gewährleistet. Es spricht also nichts dagegen, How-to-Videos von Mitarbeitern selbst erstellen zu lassen – eine Handykamera kann völlig ausreichend sein. Genauso sinnvoll kann es sein, das Netz zu kuratieren, also zu recherchieren, welche Lernressourcen im Internet bereits vorhanden sind. Allerdings müssen auch hier Mindeststandards eingehalten werden, andernfalls schwindet die Akzeptanz nicht nur für das einzelne Video, sondern für das gesamte Genre der digitalen Weiterbildung. Zudem sollte die rechtliche Situation von Content aus dem Internet geklärt werden, denn in der gewerblichen Nutzung sind oft andere Richtlinien zu beachten als beim privaten Gebrauch.
  • Erklärfilme: Komplexere Prozesse lassen sich gut per Erklärfilm vermitteln. Unter Erklärfilm versteht man in der Regel ein Videoformat, das im Schwerpunkt aus animierten Grafiken, bzw. Motiondesign besteht. Die Erstellung von Erklärfilmen erfordert auf jeden Fall mindestens zwei Spezialisten, nämlich einen didaktisch versierten Autor und einen Motion Designer – und natürlich die entsprechende Hard- und Software. Ob diese Kapazitäten inhouse aufgebaut und vorgehalten werden oder extern zugekauft werden, ist letztlich eine überschaubare Rechenaufgabe.
  • Screencasts: Screencasts sind eine Sonderform der Erklärfilme, die sich hervorragend eignet, um Software direkt am Bildschirm zu erklären. Die technischen Einstiegsvoraussetzungen gehen gegen Null. Mit der Komplexität der zu erklärenden Software oder IT-Umgebung steigen allerdings die Voraussetzungen an das Drehbuch und an die Gestaltung. Bei unzureichender Expertise kann hier der Vorteil schneller Erstellung in einen Nachteil umschlagen – die Nutzer verstehen nicht, was gemeint ist und beherrschen die neue Software nicht so, wie es nötig wäre. Oder die Schulungszeit beträgt ein Vielfaches dessen, was bei gutem didaktischen Aufbau nötig wäre. Auch hier gilt es also abzuwägen zwischen dem Aufbau interner Teams und der Beauftragung externer Spezialisten.
  • PDF: Vor lauter Begeisterung für die neuen Medien werden für den Bereich „How-to“ häufig die am besten funktionierenden Formate übersehen. Dazu gehören Word-Dokumente (mit Screenshots), Excel-Dokumente bzw. PDFs. Gerade wenn es um einfache, klare Informationen geht, sind diese Formate allen komplexeren Formaten weit überlegen. Ein Dreischritt – 1. Maschine einschalten, 2. Werkstück einlegen, 3. Grünen Knopf drücken – ist per PDF besser dargestellt, als mit jedem Video – wer einmal die Tonerkassette eines Druckers auswechseln musste, wird dankbar für diese einfache Art der Wissensvermittlung sein. Früher lagen deshalb laminierte Anweisungen bei den Geräten, heute empfiehlt sich ein QR-Code, der via Smartphone oder anderen Lesegeräten schnellen Zugang zur Information ermöglicht. Vorteil dieser Methode: Dokumente können zentral aktualisiert und verändert werden.
  • Handbücher: Die klassische Form der Wissensspeicherung und Wissensweitergabe im How-to-Bereich sind Handbücher. Auch dieses Format hat weiterhin seine Berechtigung. Je komplexer ein Thema, desto notwendiger sind ausformulierte, in Kapitel untergliederte Inhalte – je nach Sujet verknüpft mit grafischen Darstellungen oder auch den oben schon genannten Videos und Erklärfilmen. Alle papierbasierten Anwendungshilfen haben zudem auch den Vorteil, dass die Nutzer die Informationen auch ohne Internetzugang leicht nutzen können – in der Produktion kann dies heute immer noch ein entscheidender Faktor sein.
  • Social Media: Neu und immer wichtiger wird der Bereich Social Media und deren innerbetriebliche Pendants. Auch hier legt der Consumerbereich die Messlatte hoch. Via Facebook Messenger lassen sich Fragen beantworten, Termine buchen und Versicherungen abschließen. Auf das Social Intranet übertragen, bedeutet das die Einrichtung automatisierter Kommunikation. Auf die per Smartphone im Social Intranet gestellten Fragen antwortet zunächst ein Chatbot. Sobald der Bot „überfragt“ ist, wird die Anfrage entweder an die Unternehmens-Cloud gestellt oder an zugeschaltete Experten. Je mehr Fragen auf diese Art gesammelt werden, desto „intelligenter“ werden die Bots und können immer mehr Fragen automatisiert beantworten. So entstehen lernende Lernangebote.

Welches Medium das Bildungsmanagement letztlich einsetzen möchte, hängt vor allem von der Zielgruppe ab: Internetzugang, Erfahrung mit mobilen Endgeräten, Umfang der Information sowie Häufigkeit von Updates und Aktualisierungen. Der Kostensensibilität des Unternehmens sollte dabei der tatsächliche Nutzen für die Lernenden gegenübergestellt werden.

Wolfgang Hanfstein

 

Autoreninfo:

Wolfgang Hanfstein, Dipl. Sozialwissenschaftler, Leiter Corporate Digital Learning der Pink University, www.pinkuniversity.de