Meine Promotion ist abgeschlossen. Endlich! Dabei sah es anfangs so aus, als würde das nie etwas.

Schon bevor ich mein Studium (Europäische Wirtschaft) begonnen hatte, war mir klar, dass ich eines Tages promovieren bzw. richtiger gesagt, promoviert werden möchte. Als ich mir mit 16 meine erste Emailadresse eingerichtet hatte, lautete diese auf dr. anne…. Als Ansporn. Wo das herkam? Mein Großvater ist Professor, vielleicht habe ich da schon als Kind den positiven Eindruck mitbekommen, dass wissenschaftliche Lorbeeren im Bereich des Möglichen sind.

Schwerer Start

Nachdem ich meine Diplomarbeit in einem Automobilunternehmen geschrieben hatte, bot mir diese Firma auch gleich an, als Doktorand weiterzumachen. Ich fand das klasse und habe gleich zugegriffen. Allerdings hatte die Wirtschaftskrise 2009 den Termin für den Beginn erst immer weiter hinausgeschoben, um dann zur kompletten Streichung dieser mir versprochenen Doktorandenstelle zu führen.

Also fing ich bei TÜV SÜD an. Als Referentin für Bildungsmanagement hatte ich vielfach Gelegenheit, den Weiterbildungsmarkt kennenzulernen und Einblicke in die Herausforderungen des Bildungsmanagements in Unternehmen zu erhalten. Da kam nach einigen Jahren die Idee zur Promotion ganz von selbst wieder auf. Ich schrieb ein erstes Exposé und sprach verschiedene Professoren zwecks Betreuung an.

Für mich war klar, dass ich mein Forschungsthema auf jeden Fall als externe Doktorandin neben meiner Vollzeitbeschäftigung bearbeiten wollte. Ich musste aber lernen, dass viele Professoren aus Prinzip keine externen Doktoranden betreuen. Eine Uni verlangte, dass ich zusätzlich zu meinem Diplom unnötigerweise erst noch einen Master machen sollte, bevor ich promovieren könnte. Erst als ich Professor Gessler von der Uni Bremen kennenlernte, wendete sich das Blatt. Er hatte schon sehr gute Erfahrungen mit anderen hochmotivierten externen Doktoranden gemacht und fand mein Thema von Anfang an klasse.

Hoch motiviert

So konnte ich loslegen! Zuerst habe ich mir viel, viel Zeit gelassen für ein umfassendes Literaturstudium. Erst danach habe ich begonnen, empirisch zu arbeiten. In gelegentlichen Treffen mit meinem Doktorvater prüfte ich, ob die Richtung noch stimmt und wo ich Schwerpunkte in der Bearbeitung legen konnte. Für mich selbst habe ich zum Beispiel ein Motivationsplakat gebastelt (siehe Bild zum Beitrag), um meine Ziele regelmäßig zu hinterfragen und mich selbst daran zu erinnern. Meine ursprünglich mal im besten Projektmanagement-Stil erstellte Zeitschiene erwies sich als illusorisch. Es war wichtiger, sauber wissenschaftlich zu arbeiten, als Deadlines einzuhalten.

Während der Bearbeitung meines Themas habe ich mich um regelmäßige Veröffentlichungen zu meiner Fragestellung bemüht. Im Rahmen meiner Tätigkeit bei TÜV SÜD konnte ich während meiner Bearbeitungszeit insgesamt sechs Bücher zum Bildungs- und Talentmanagement veröffentlichen. In Büchern namhafter Experten der Personalentwicklung steuerte ich Kapitel bei. Als Autorin für Wolters Kluwer und den Luchterhand Verlag publizierte ich zahlreiche Beiträge in Loseblattsammlungen. Bei verschiedenen Kongressen stellte ich Aspekte des Bildungsmanagements in Papers und als Rednerin dar.

Doppelbelastung

Über einen Zeitraum von vier Jahren habe ich recherchiert, untersucht und die Arbeit geschrieben. Nebenbei zu meinem Hauptjob. Das hatte viele Vorteile, da ich als Mitarbeiterin von TÜV SÜD und Leiterin des Deutschen Bildungspreises das Themenfeld sehr praxisnah kennenlernte. Die intensiven Kontakte zu Personalentwicklern aus ganz Deutschland halfen mir sehr, Ansprechpartner und Teilnehmer für den empirischen Bearbeitungsteil zu finden. Allerdings bedeutete die Vollzeitbeschäftigung auch eine enorme Doppelbelastung. Egal ob Literaturstudium, Empirie, Auswertung oder das finale Schreiben – der Forschungsprozess war aufwändig und intensiv. Meine Freizeit habe ich zu großen Teilen dafür investiert.

Andererseits habe ich natürlich auch im Job von meinem profunden wissenschaftlichen Background und den ständig wachsenden Erkenntnissen sehr gut profitiert. Insgesamt war es eine Win-win-Situation in beide Richtungen.

Glücklicherweise wurde während meiner Promotionszeit das Lebensarbeitszeitkonto bei TÜV SÜD eingeführt, sodass ich 2016 drei Monate für die Fertigstellung meiner Arbeit freinehmen konnte.

Zielgerade

In meinem Sabbatical konnte ich die Doktorarbeit dann auch tatsächlich fertigstellen. Es verging jedoch fast ein Jahr mit Feedback, Kürzen und der finalen Fertigstellung sowie mit dem Antrag auf Zulassung zur Promotion. Ein weiteres Jahr ging ins Land mit der Begutachtung, der Verteidigung und der Veröffentlichung. Ja, die universitären Mühlen mahlen langsam. Ich war jedoch beeindruckt, wie ernsthaft und tiefgründig mein Werk gelesen, hinterfragt und analysiert wurde.

Nun halte ich die Urkunde in Händen und freue mich sehr, dass dieses Kapitel – so mühevoll und schön es gleichzeitig war – nun abgeschlossen ist. Und freue mich, ein Dr. phil. zu sein 🙂