Ihr Artikel „Vertriebstechniken für Personal“ hat mich zu den folgenden Gedanken inspiriert:
Der Wandel zum Verkäufer trifft jeden – auch die internen Berater
Vor ein paar Tagen telefoniere ich mich mit einer langjährigen Kundin. Wir sprechen über ihr gelungenes, internes Organisationsvorhaben. Ich frage nach den Erfolgsfaktoren. Sie berichtet: „Unser neuer Abteilungsleiter hat für uns als interne Serviceabteilung eine ganz neue Sichtweise hier eingebracht: die konsequente Kundendenke! Als interner IT-Dienstleister reicht es uns nicht, die Kollegen fachlich zu beraten und zu beliefern. Wir müssen uns auch immer wieder die Frage stellen: Wie akquirieren wir das Interesse? So als wären wir ein externer Lieferant.“
Mit anderen Worten: die internen IT-Berater betrachten die Anfragen ihrer Kollegen als „echte“ Kundenanfragen. Auf dem Papier habe ich diese Formulierung schon oft gelesen. Meist scheitert es an der Umsetzung, weil die innere Überzeugung fehlt. In diesem Fall ist es anders und überraschender Weise zudem in einer konservativen Organisation.
Die Rolle verändert sich
Mit der Frage „Wie akquirieren wir Interesse?“ sollten sich interne Berater viel mehr befassen, weil sich die Rollen verändern. Insbesondere für Personaler ändert sich die Situation. Das hat mehrere Gründe:
Interne Kollegen in den Fachabteilungen geht es genauso wie externen Kunden: Sie verfügen über immer mehr Wissen. Der Know-How-Schatz entsteht durch das jederzeit verfügbare WWW-Lexikon und durch die sozialen Vernetzungen. Die Aussage: „Nie war unser Kunde/Mitarbeiter aufgeklärter als heute“ bringt es auf den Punkt.
Personalentwicklung verlagert sich zum einen immer stärker auf Online-Fortbildung und zum anderen auf Learning on the Job. Insbesondere für den zweiten Punkt benötigen wir intelligente und leicht umsetzbare Konzepte.
Klare Personalstrategie
Wenn interne Personaler nicht nur „Seminar-Abwickler“ sein wollen, ist strategisches Vorgehen notwendig. Der Nutzen der jeweiligen Fachabteilung muss im Mittelpunkt stehen. Das beginnt mit der Frage:
• Welche strategische Bedeutung hat die Personalabteilung?
• Wie ist diese an die Gesamtstrategie des Unternehmens angebunden?
• Wenn es keine Vorgaben aus der Unternehmensstrategie gibt:
Welches Selbstverständnis haben wir als Personalabteilung?
Da die Personalabteilung eine interne Serviceabteilung ist, ergeben sich daraus im besten Fall klare Unterstützungsthemen der Fachabteilungen.
Doch Vorsicht: Begehen Sie nicht den Fehler, den viele „echte“ Verkäufer begehen. Diese preisen ihre Dienstleistungen blind an. Für eine echte kundenorientierte Vorgehensweise empfehle ich internen Beratern, übrigens wie echten Verkäufern auch, folgende drei Schritte:
Nur drei Schritte
1. Nie ohne Hypothesen ins Gespräch
Bevor Sie den Kontakt zur Fachabteilung suchen, formulieren Sie unbedingt Ihre eigenen Gedanken – nur für sich. Dazu reichen schon folgende Fragen:
• In welcher Situation ist die Abteilung XY aktuell?
• Welche aktuellen Aufgaben hat die Abteilung?
Besser noch: Welche Aufgaben haben die Mitarbeiter in der Abteilung?
(Je genauer Sie die Überlegungen auf die Personen direkt beziehen, desto anschlussfähiger sind sie.)
• Was sind möglicherweise für die Mitarbeiter die größten Herausforderungen?
• Womit könnten Sie (als Personaler) möglicherweise Unterstützung liefern?
Das entscheidende Wort in den letzten beiden Sätzen ist „möglicherweise“. Denn: Sie wissen nicht, was Ihr Kunde braucht; oft weiß der Kunde es selber nicht. Aber jede noch so wagemutige Hypothese ist deutlich mehr, als gar keine Überlegung zu haben.
Ich erlebe, dass Verkäufer an dieser Stelle zu schnell sind: “Ja klar, mache ich. Nutzenorientiert denken. Im Sinne des Kunden.“ Doch das alleine reicht nicht. Wirklich nutzenorientiert denken Sie, wenn Sie an dieser Stelle Ihre Überlegungen in Teilschritte mit genauer Fragestellung herunterbrechen. Die konkreten Fragen und deren Beantwortungen machen für Sie den qualitativen Unterschied in der Vorgehensweise.
2. Situation mit Abteilung klären
Gehen Sie mit einer neugierigen, forschenden Haltung in die Klärung mit Ihren Kollegen. Damit erreichen Sie, dass Sie gute Fragen stellen und viel zuhören. Ich bezeichne diese Haltung auch als „Verstehen wollen“-Haltung. Sorgen Sie für einen sehr guten Kontakt.
Zur Situationsklärung gehört es herauszufinden, was genau das Problem ist und erst danach eine mögliche Lösung zu diskutieren. Professionell wird es, wenn Sie zwischen „Wozu führen Sie die Maßnahme durch?“ und „Was genau soll am Ende herauskommen?“ genau unterscheiden. Das eine ist der Nutzen, das andere ist das konkrete Ergebnis. Ein feiner und wirksamer Unterschied.
3. Gemeinsames Verständnis der Beteiligten
Sorgen Sie dafür, dass ein gemeinsames Verständnis der beteiligten Personen besteht. Nehmen Sie sich angemessen Zeit für eine gute Planung; auch bei kleinen Vorhaben. Durch eine gute Prozesssteuerung bauen Sie Vertrauen auf. Denn: das kostspielige an Weiterbildungen sind nicht die Trainer oder Berater, sondern die Zeit der Teilnehmer und damit die Abwesenheit vom Arbeitsplatz.
Mit diesen drei Schritten stellen Sie sicher, dass Sie sich wirklich in die Stiefel Ihres Kunden stellen und einen ersten, echten Anknüpfungspunkt haben. Den gilt es dann gemeinsam zu überprüfen. Sollte sich der Anknüpfungspunkt als nicht vorhanden herausstellen, hat Ihr Kunde keinen Bedarf. Dann müssen Sie ihm auch nichts verkaufen, was er gar nicht braucht. Und das wollen Sie ja auch gar nicht. Schon gar nicht als Kollege.
Gunnar Marx
www.sale-mit-soul.de
25. Januar 2017 um 21:16
Ich finde besonders gut, sich klarzumachen, dass man die Kundenperspektive meist nicht kennt. Wir glauben häufig, wir wissen, was die Kunden wollen. Oder wollen sollen. Aber wissen können wir es erst, wenn wir fragen und dann auch wirklich zuhören.